Betriebliche Mitbestimmung in Ostdeutschland
Die Transformationsforschung kam zum Ausgang der 1990er Jahre zu dem Schluss, dass zwar die Übertragung der institutionellen Grundlagen betrieblicher Mitbestimmung mehr oder weniger gelungen sei, aber die Praxis des Interessenhandelns ostdeutscher Betriebsräte im Vergleich zu ihren westdeutschen KollegInnen eher schwach bzw. auch defizitär geblieben war. Erklärt wurde dies mit einer ungünstigen Gemengelage von persistierenden realsozialistischen Mentalitäten, Problemen des Institutionentransfers, allgemeinen Veränderungstendenzen und einer schwierigen wirtschaftlichen Situation ostdeutscher Betriebe. Seither gab es keine systematischen empirischen Untersuchungen über die weitere Entwicklung betrieblicher Mitbestimmung in Ostdeutschland. Lediglich die jährlichen Statistiken des IAB-Betriebspanels belegen nach wie vor einen gleichbleibend, bezogen auf Beschäftigte, niedrigeren Deckungsgrad der Mitbestimmung in Ostdeutschland im Vergleich zum Westen. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Sicherung der betrieblichen Mitbestimmung durch Betriebsratsgründungen: Prozesse und Strategien der Betriebsratsgründung“ (Betriebsratsgründungen) fanden sich Hinweise auf eine Revitalisierung betrieblicher Mitbestimmung (u.a. vermehrte Neugründungen) v.a. in Metallbetrieben in Thüringen. Ziel des Forschungsprojektes ist es, diese empirisch bislang unsystematisch beobachteten Phänomene hinsichtlich ihrer Verbreitung, ihrer Ursachen sowie ihrer möglichen Folgen empirisch zu untersuchen. Im Zentrum steht die Frage, ob es sich hierbei um ein regional begrenztes Phänomen handelt oder um einen allgemeinen Trend. Schwerpunkte der empirischen Erhebung bilden Fallstudien in ausgewählten ostdeutschen Betrieben der Metall- und Chemieindustrie sowie eine quantitative Befragung aller IG Metall Verwaltungsstellungen sowie Bezirke der IG BCE in Ostdeutschland.