Perspektiven auf gewerkschaftliche Geschlechterpolitik und ihre Praxis im deutsch-französischen Vergleich

Basisinformationen
Beginn: 
2013
Ende: 
2017

Die zentrale Fragestellung des beabsichtigten Promotionsprojekts lautet: Was bedeutet (Frauen-) und Gleichstellungspolitk in deutschen und französischen Gewerkschaften? In komparativer Perspektive soll die gewerkschaftliche Geschlechterpolitik in Deutschland und Frankreich sowohl innerhalb der organisationalen Praxis untersucht werden als auch hinsichtlich ihrer Bedeutung auf der Ebene der Tarifpolitik und Programmatik.

Die Erwerbsquote von Frauen ist in den vergangenen Jahrzehnten in allen westlichen Industrienationen gestiegen, so auch in Deutschland und Frankreich. Frauen arbeiten überproportional häufig in Dienstleistungsberufen und sind dabei oft von prekären Beschäftigungsverhältnissen betroffen. Dies spiegelt sich beispielsweise im ‚gender-wage-gap‘, in der schlechteren Bezahlung von sozialen Berufen, in der hohen Teilzeitquote von Frauen und der damit verbundenen mangelnden sozialen Absicherung wider.
Gewerkschaften hingegen waren historisch und sind in ihrer Interessenvertretung zum Teil noch immer stark am industriell geprägten männlichen Alleinverdiener-Modell ausgerichtet. Sie zählen meist weniger weibliche Mitglieder als männliche, vor allem in den entscheidenden Positionen, wie in Tarifkommissionen und hauptamtlichen Gremien. Daher stellt sich nach wie vor die Frage, inwiefern sie die Interessen weiblicher Beschäftigter adäquat vertreten.

Die Ergebnisse der Interessenkonstruktion sollen zunächst an Hand einer Dokumentenanalyse verschiedener Gewerkschaftsprogrammatiken, die gültiger Ausdruck der innerverbandlichen Aushandlungen von Interessen sind, erhoben und verglichen werden. Um diese Ergebnisse in ihrer Entstehungsweise verstehen zu können und darüber hinaus einen Einblick in die konkreten Praktiken der Interessenrepräsentation weiblicher Beschäftigter zu gewinnen, sollen zudem jeweils zehn qualitative Interviews mit deutschen und französischen Gewerkschaftsaktivistinnen und -aktivisten geführt werden. Ziel ist zu erfahren, was in Gewerkschaften als ‚spezifisches Fraueninteresse‘ interpretiert wird, wie diese Interessen auf die gewerkschaftliche Agenda gelangen und in der Praxis vertreten werden.


Das Untersuchungsterrain wird auf vorrangig weiblich geprägte Beschäftigungsbereiche im Dienstleistungssektor fokussiert: auf den Einzelhandel und das Reinigungsgewerbe. In beiden Bereichen ist es im vergangenen Jahrzehnt wiederholt zu größeren Arbeitskämpfen gekommen und zwar sowohl in Deutschland als auch in Frankreich. Als konfliktbehaftete Kumulationspunkte von Interessenvertretung bilden sie Anlässe, bei denen (auch geschlechtsspezifisch konnotierte) Selbstverständlichkeiten des Alltags hinterfragt und Interessen abhängig Beschäftigter (als Normen) neu verhandelt werden.


Durch die komparative Perspektive können vermeintlich allgemeingültige Annahmen über die Interessenvertretung weiblich Beschäftigter überprüft werden. Wenngleich sich Frankreich und Deutschland im internationalen Vergleich relativ stark ähneln, so gibt es gerade hinsichtlich ihrer Kulturen der Frauenerwerbstätigkeit und ihrer Systeme industrieller Beziehungen viele Unterschiede. Es stellt sich die Frage, wie sich dies auf die gewerkschaftliche Geschlechterpolitik auswirkt.

Beteiligte Personen und Institutionen
Beteiligte Institutsangehörige: 

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